Sozialen Medien, Zeitungen und Experten fangen wieder an! Bitcoin und andere digitale Währungen scheinen eine neue Welle der Aufmerksamkeit zu genießen. Aber Vorsicht: Wer das schnelle Geld im Internet mit den digitalen Währungen sucht kann schnell auf der Strecke bleiben.
Kryptowährungen, sogenannte Coins, sind digitale Währungen im Internet. Sie basieren auf der Technologie der Blockchain und sind anonymisiert-transparente Datensätze, mit denen ein Peer-to-Peer Geschäft, Tausch oder Handel getätigt werden können. Diese Nutzer-zu-Nutzer Geschäfte haben den Vorteil, dass kein 3. Anbieter mehr für eine Transaktion von Person A zu B benötigt wird, z.B.: eine Bank. Wenn Coins zwischen zwei Personen z.B. bei einem Handel untereinander ausgetauscht werden und damit über die Blockchain abgewickelt werden, kann jeder auf diese Transaktion Einsicht nehmen und sich über Höhe und Zeitpunkt, sowie Sender- & Empfängerort informieren, ohne etwas über die Beteiligten zu erfahren. Somit sind die Transaktionen selbst völlig transparent, persönliche Daten, wie Adresse oder Bild von Person A oder B, bleiben jedoch verborgen.
Schattenseite: Auch kriminelle Netzwerke entdeckten Kryptowährungen und den anonymen Markt: Fehlende Identifikationsprozesse zum Senden von Geld begünstigten die weltweite Finanzierung von kriminellen Netzwerken – ganz leicht durch einen Mausklick.
Den Bitcoin, die aktuell größte Kryptowährung, gibt es seit 2008 /2009 und wurde vermutlich als Reaktion auf die Finanzkrise von Satoshi Nakamoto – einem bis heute unbekannten Mann – entwickelt und für alle im Internet frei zugänglich gemacht. Über die Jahre wurden mehr und mehr Währungen, wie Ether von Etherium, XRP von Ripple oder viele weitere Kryptowährungen entwickelt und kamen als weitere Zahlungsmethode im Internet zum Einsatz. Nachdem sich anfänglich nur Krypto-Pioniere und Webspezialisten mit dieser Währung beschäftigten und wenige Privatleute Coins kauften, fanden die Kryptowährungen auch zunehmend Anklang in der Finanzbranche.
Spätestens 2017 war der Bitcoin in aller Munde. Die anfänglich schwer im Internet zu findende Währung wurde zunehmend in der Öffentlichkeit wahrgenommen, nachdem Nachrichtensender, soziale Netzwerke und Zeitungen von immer größeren Kursanstiegen berichteten. Nachrichten wie „100 % Wertzuwachs in einer Woche“ und „1300 % in den letzten 3 Monaten“ waren Aussagen, die immer häufiger, vor allem auf Facebook, Instagram und Youtube zu sehen waren. Es gab zunehmend Werbung für den Kauf und den Handel von Kryptowährungen und viele Menschen folgten diesem Ruf. Neben professionellen Tradern und Krypto-Profis besaßen nun auch Menschen Coins, die sich normalerweise kaum oder gar nicht mit Geldanlage und Spekulation beschäftigten. Ob es nun der Friseur, der Feuerwehrmann oder die Krankenschwester war – alle wollten ihr Stück vom Kuchen haben. Sogar der Kurs der Coin-Parodie „Doge-Coin“ ging durch die Decke. Es herrschte Goldgräberstimmung, es war vom „Next-Big-Thing“ die Rede und eine „Revolution des Marktes“ stehe bevor. Die Kryptowährungen schienen unaufhaltsam.
Bis zum Dezember 2017 – der Bitcoin erreichte sein Allzeithoch bei einem Kurs von 19.764,51 USD – und crashte. Nachdem der Bitcoin jahrelang nur einen Weg kannte – den nach oben –, fiel er im Zeitraum eines Monats auf 6.714,52 USD und innerhalb eines Jahres auf 3.165,97 USD und verlor somit 83,98 % an Wert. Für Viele ein böses Erwachen.
Auf der anderen Seite: Die Krypto-Pioniere, die zu dem Anfangskurs von unter 0,01 USD im Jahr 2009 eingestiegen waren, haben über fast 9 Jahre Gewinne von 198.646.423,71% eingeräumt, sofern sie im damaligen Allzeithoch ausgestiegen waren. Eine absurde Zahl…
Im Gegensatz zu 2017 und dem Allzeithoch des Bitcoins ist seit 2020 viel passiert: Nicht nur die Corona-Pandemie und die damit einhergehende Inflation des US-Dollars, sondern auch der technologische Stand der Projekte rund um den Bitcoin haben sich stark weiterentwickelt. Während Ether (ETH) immer noch das zweitgrößte Kryptoprojekt in Sachen Marktkapitalisierung und Geldzufluss ist, wurde Rippels Projekt (XRP) von Polkadot (DOT) und deren wachsenden Ökosystem verdrängt. Schlagzeilen über die großen Käufe von Tesla, MicroStrategys Zukunftsplänen für Bitcoin, sowie CitiBanks & JPMorgans Stellungnahme gegenüber Kryptowährungen, führten regelrecht zu einem neuen Hype um die Coins. Seit Beginn der Coronakrise stieg der Bitcoin Ende Februar von 6.406,40 USD auf sein bisheriges Allzeithoch von 61.283,80 USD und damit fast um 1.000 %! Das gleiche gilt für viele weitere Kryptowährungen, die aus ihrem Dornröschenschlaf erwacht sind und nur wieder die „Kursleiter“ hochjagen. Was mich zu der Frage bringt:
Grundsätzlich: Jeder Markt birgt seine eigene Form von Risiko – ob es nun der Aktien-, Immobilien- oder der Krypto-Markt ist. Grundsätzlich sollte man wissen, dass Kryptowährungen im Gegensatz zu Aktien oder Immobilien keinen inneren Wert haben. Sprich: Sie haben meist keinen realen Gegenwert und sind damit deutlich schwankungsstärker.
Wenn ich eine Immobilie oder Aktie kaufe, habe ich einen realen Wert in Form einer Mietwohnung/ eines Hauses oder in Form eines Anteiles an einem Unternehmen. Ich besitze etwas, was ich (theoretisch) anfassen kann. Natürlich kann diese Immobilie oder Aktie auch Teil einer Spekulation oder eines Betruges sein, in diesen Märkten hält sich dies in der großen Masse aber in Grenzen. Im „normalen Markt“ schwanken diese Assets nicht um 30-80 % am Tag. Des Weiteren kann man bei der Beachtung von Streuung und Zeit davon ausgehen, dass diese Werte einen langfristigen Wertzuwachs haben werden. Dafür steigen diese Assets in der Regel nicht innerhalb kurzer Zeiträume um mehr als 1.000 %.
Kryptowährungen, wie der Bitcoin, dagegen haben i.d.R. keinen inneren Wert – sie haben keinen physischen Gegenwert der von einem Wert, wie einem Unternehmen oder Immobilie , abhängt und sind anders als Währungen, wie der Euro oder der US-Dollar, nicht reguliert.
Befürworter von Kryptowährungen sehen genau darin einen großen Vorteil: Da Sie bei Ihren Transaktionen Anonymität und Datenschutz genießen, sehen diese es als Gegenentwurf zu den Banken und Regierungen, die nicht immer zu Unrecht in Kritik geraten. Ein weiterer Vorteil ist, dass keine versteckten Verwaltungskosten anfallen, die man bei Banken oder anderen Dienstleistern zahlen müsste; bei den Transaktionen fällt lediglich für den Kauf oder Verkauf von Coins eine kleine Gebühr an (je nach Börse). Da die meisten Kryptowährungen nicht zentral gesteuert werden und unabhängig von der Menge des sich im Umlauf befindenden Fiat-Geldes (sprich: den im Alltag genutzten Währungen, wie EURO oder USD) sind, somit auch nicht der Inflation unterliegen, betrachten viele Krypto-Enthusiasten die Coins als digitales Gold. Nicht zuletzt handelt es sich um eine völlig neue Form einer Anlageklasse, die es so in dieser Form noch nicht gegeben hat. Kryptowährungen könnten laut Krypto-Cracks das „Next-Big-Thing“ im Zahlungsverkehr, im Bereich Technologie und im Austausch von Geld sein. Zukunftsausblicke lassen viel Freiraum für Fantasie und mögliche Traumrenditen – wie bisherige Kursanstiege bereits zeigten. Für Befürworter stehen also Vorteile im Vordergrund.
Krypto-Kritiker sehen den Markt aus denselben Gründen als spekulativ und gefährlich. Der unregulierte Raum bietet durch seine Anonymität kriminellen Netzwerken – wie Drogenkartellen – die Möglichkeit Geld zu waschen und unbemerkt zu bewegen. Des Weiteren bietet der Markt seinen Anlegern wenig Schutz – es gibt nicht Wenige, deren Crypto-Accounts gehakt und leergeräumt wurde. Auch sind viele Leute durch Nachrichten auf Social Media oder durch Werbung viel Kleinanleger eingestiegen, die wenig Ahnung von der Materie hatten und dadurch hohe Verlust eingefahren haben. Es gibt keine Indikatoren die beweisen können, dass ein langfristiges Investment in Kryptowährungen Gewinn bringt – anders als ein breit gestreutes Aktienportfolio. Denn auch wenn Kryptowährungen revolutionäre Technologien nutzen und gewisse, nicht zu verneinende Vorteile haben, heißt das noch lange nicht, dass sie als Währung genutzt werden können und damit einhergehend zwangsläufig an Wert zulegen müssen. Eine Währung, wie der Bitcoin, der am nächsten Tag nur noch die Hälfte wert sein könnte, monieren Kritiker, eigne sich nicht im Zahlungsverkehr. Hierin liegt auch einer der Hauptpunkte der Krypto-Kritiker: Die hohen Schwankungsbreiten von manchmal bis zu 80 % am Tag machen die unregulierten digitalen Währungen eher zu Spekulationsobjekten als zu langfristigen Anlageobjekten oder Zahlungsmittel.
Nicht zuletzt sind Kryptowährungen für Regierungen ein Dorn im Auge, da Sie sich Kontrolle und der bewusst generierten Inflation entziehen – somit steht ein potenzielles Verbot der digitalen Assets bei vielen Staaten im Raum.
Was uns zur ursprünglichen Frage führt:
Ob und wie Sie ihr Geld investieren, ist eine sehr individuelle Angelegenheit. Daher werde ich Ihnen ein paar Regeln mit auf den Weg geben, die bei der Entscheidungsfindung, ob Sie nun Kryptos kaufen sollten oder nicht, hilfreich sein könnten:
Wenn Sie durch persönliche oder berufliche Gründe zeitnah Geld benötigen, kann es existenziell bedrohend werden, wenn der Kurs der Coins fällt
Es gibt – anders als im Aktienmarkt – keine statistische Wahrscheinlichkeit, dass Sie allein durch Zeit und Streuung Gewinne erzielen werden.
Kryptos sind Assets, die mit der 1. Bundesliga vergleichbar sind und Sie versuchen als Spieler aus der Kreisliga mitzumischen, wenn Sie die Materie nicht verstehen. Kann gut gehen, wird es vermutlich aber nicht.
Besser Sie verpassen eine große Gewinnphase als unvorsichtig ihr Geld zu verlieren.
Aktuell gibt es keine einheitliche Regelung zur Besteuerung der Gewinne aus Krypto-Geschäften – schreiben Sie am besten Ihrem zuständigen Finanzamt, damit es kein böses Erwachen gibt.
Die vielen Regeln und Zusammenhänge, die ich Ihnen beschreibe, wirken auf den ersten Blick sehr anstrengend und vielleicht auch überzogen. Ich möchte Sie nur darauf aufmerksam machen, dass der Kryptomarkt kein Markt für Anfänger ist. Ich bin selbst nicht geringfügig investiert und an Tagen mit Kurschwankungen von mehreren tausend Euro abwärts, treibt mir mehr als einmal am Tag Schweiß auf die Stirn. Ich verbringe mehrere Stunden am Tag damit, Kurse zu beobachten. Seien Sie sich also des Risikos bewusst, dass Sie am Kryptomarkt eingehen.
(Viele der hier beschriebenen Zusammenhänge sind oberflächlich beschrieben und stark vereinfacht.)
Sollten Sie weitere Fragen zum Kryptomarkt oder zum Thema Geldanlage haben, zögern Sie nicht, mir zu schreiben.